Sowjetisches Speziallager Nr. 3
Im Mai 1945 beschlagnahmten die Sowjets das Gelände an der Genslerstraße 66, auf dem sich seit 1939 eine Großküche der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) befunden hatte. Dort richteten sie ein Lager ein - das sogenannte Speziallager Nr. 3.
Dem Moskauer Volkskommissariat für Inneres (NKWD) unterstellt, diente es in erster Linie als Durchgangslager für mehr als 16.000 Männer, Frauen und Jugendliche. Von hier erfolgten Transporte in die Speziallager nach Ketschendorf, Weesow und Sachsenhausen.
Im Speziallager Nr. 3 waren zweitweise über 4.200 Menschen gleichzeitig auf engstem Raum eingesperrt. Katastrophale hygienische Zustände, mangelnde Verpflegung und unzureichende medizinische Versorgung prägten die Lebensbedingungen im Lager. Nach Schätzungen starben rund 1.000 Menschen. Ihre Leichen wurden in Massengräbern anonym auf einem Schuttabladepatz verscharrt.
Die meisten Häftlinge kamen aufgrund des sowjetischen Befehls 00315 vom 18. April 1945 in das Lager, nach dem NSDAP-Mitglieder, Polizei- und Geheimdienstangehörige sowie Verwaltungsbeamte des NS-Regimes, aber auch sogenannte Spione, Saboteure und Terroristen zu verhaften waren. Wegen angeblicher Untergrundtätigkeit als “Werwölfe” waren auch Heranwachsende ab zwölf Jahren im Lager. Häufig führten Denunziationen zur Internierung. Ab 1946 wurden vermehrt Gegnerinnen und Gegner der sowjetischen Besatzungsmacht nach Hohenschönhausen eingewiesen. Im November 1946 wurde das Speziallager aufgelöst und die Gefangenen in andere Lager verlegt.
In der Genslerstraße befand sich auch die zentrale Verwaltung der Speziallager in Deutschland. Nach – unvollständigen – offiziellen Angaben waren in den insgesamt zehn Lagern mehr als 122.000 Personen inhaftiert, von denen mehr als ein Drittel in der Haft verstarb. Die meisten Internierten wurden jahrelang festgehalten, ohne Gerichtsverfahren. Erst Anfang 1950 wurden die drei letzten Speziallager Bautzen, Buchenwald und Sachsenhausen aufgelöst.
Totenbuch
Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen (Hg.), Totenbuch. Sowjetisches Speziallager Nr. 3 und Haftarbeitslager Berlin-Hohenschönhausen 1945-1949, Berlin 2014.
Publikation
Peter Erler, Polizeimajor Karl Heinrich: NS-Gegner und Antikommunist. Eine biographische Skizze, Berlin 2007.
Haftschicksale
Die Schicksale der im Speziallager inhaftierten Menschen sind vielfältig. Einige Biografien können Sie in unserer Mediathek nachlesen.