Der "Grotewohl-Express"
Auf dem Gelände der Gedenkstätte steht seit 2004 der sogenannte „Grotewohl-Express“, der letzte noch erhaltene Gefangenensammeltransportwaggon (GSTW) der Reichsbahn. Die umgangssprachliche Bezeichnung „Grotewohl-Express“ stammt von Häftlingen und ist an den Namen des ersten Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl, angelehnt.
Der Waggon wurde bis zum Ende der DDR vom Ministerium des Innern zur Verlegung von Strafgefangenen zwischen einzelnen Strafvollzugsanstalten genutzt. Dafür wurden die Gefangenensammeltransportwaggons, von denen mehrere existierten, an andere Züge angehängt. Dadurch dauerte der Transport von Häftlingen trotz verhältnismäßig kurzer Distanzen zwischen einzelnen Haftanstalten oft sehr lang.
Der „Grotewohl-Express“ ist mit 18 Zellen ausgestattet, die jeweils mit vier bis fünf Häftlingen belegt werden konnten und ca. 1 Meter lang und 1,34 Meter breit sind Die Fenster der Zellen-Abteile sind mit Milchglasscheiben und Gittern versehen. Zudem gibt es eine Isolierzelle sowie eine Toilette für die Häftlinge im Waggon. Für das Wachpersonal wurden in den Waggon eine Küche, ein WC, ein Scheibraum sowie ein Aufenthaltsraum und ein Schlafraum eingebaut.
Durch die engen Zellen und die häufig lange Fahrtzeit in dem Waggon erinnern viele Häftlinge den Transport im „Grotewohl-Express“ als sehr strapaziös.„Meine ‘Reise’ im Grotewohl-Express von Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) nach Potsdam dauerte ganze 6 Tage. ‘Bei Fluchtversuch wird von der Schusswaffe Gebrauch gemacht!’, teilte uns das begleitende Wachpersonal gleich zu Anfang mit. Wir waren circa 15 Gefangene. Auf dem Weg zum Bahnhof waren wir mit Handschellen aneinander gekettet, durch Knebelketten hatten uns die Wachen zusätzlich im Griff. Hundeführer begleiteten unseren Trupp. Ich wurde mit drei anderen Männern in eine enge Zelle gepfercht. Man konnte weder richtig sitzen noch stehen. Wer im Zug auf die mit Kot und Urin verdreckte Toilette wollte, musste so lange rufen und klopfen, bis sich endlich einer der Wachmänner erbarmte. “, erinnert sich Hartmut Richter, der 1966 im Alter von 18 Jahren mit dem Gefangenenwaggon nach Potsdam verlegt worden war.
Mitte der 1990er Jahre setzten sich ehemalige Inhaftierte der Haftanstalt Bautzen II für die Erhaltung des letzten noch existierenden Waggons ein. Er wurde unter Denkmalschutz gestellt und restauriert. Nachdem er einige Jahre am Güterbahnhof in Leipzig gestanden hat, übernahm die Gedenkstätte ihn 2004 in ihre Sammlung.
Führung
Jeden Donnerstag um 13 Uhr bieten wir einen öffentlichen Rundgang durch das Stasi-Gefängnis mit Besichtigung des “Grotewohl-Expresses” an.
Melden Sie sich über unseren Ticketshop an!
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Publikationen
- Peter und Christa Gross-Feurich, Einmal Ku'damm und zurück, Berlin 2016.
- Wikipedia-Eintrag: Peter und Christa Gross-Feurich