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Hans-Eberhard Zahn

Literatur:

  • Hans-Eberhard Zahn, Haftbedingungen und Geständnisproduktion in den Untersuchungshaftanstalten des MfS. [Schriftenreihe LStU; Bd. 5], Berlin 1997.

Hans-Eberhard Zahn wurde 1928 in Stettin geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann er an der Freien Universität (FU), die 1948 als Reaktion auf die politische Gleichschaltung der Berliner Universität Unter den Linden von Studenten und Professoren in West-Berlin gegründet worden war, ein Studium der Psychologie und Philosophie.

Zahn unterstützte als AStA-Referent notleidende Verwandte von FU-Studenten in der sowjetisch besetzten Zone. Er sammelte dazu einige Helfer um sich, die in Ost-Berlin jeweils kleinere Einzahlungen vornahmen.

Am 14. November 1953 erschien Zahn auf seinem West-Motorroller am Haus eines Kommilitonen im Ost-Berliner Stadtteil Johannisthal, um ihm Geld und Einzahlungslisten zu überbringen. Dort kontrollierte ihn ein Festnahmekommando der Staatssicherheit, die kurz zuvor den Freund wegen Spionageverdacht verhaftet hatte. Sie fand in Zahns Aktentasche 67.000 Ost-Mark und eine Liste mit Ost-Berliner Adressen. Das Geld stammte von Kommilitonen, die damit ihre Verwandtschaft im Osten unterstützen wollten und sich zu einen kleinen Wohltätigkeitsverband zusammengeschlossen hatten. Das Geld sollte auf einem Ost-Berliner Postamt an die Adressen der Verwandten überwiesen werden. Die Stasi verhaftete ihn in dem Irrglauben, einen hochrangigen Spion der Briten geschnappt zu haben.

Zahn wurde in eines der 17 geheimen DDR-Untersuchungsgefängnisse des Ministeriums für Staatssicherheit gebracht, das Untersuchungsgefängnis an der Prenzlauer Allee. Hier versuchten die Stasioffiziere sieben Monate vergeblich ihm durch Schlafentzug, Gewaltandrohung, physische Quälerei, sensorische Deprivation und psychische Folter durch Zersetzungsmaßnahmen ein Geständnis abzupressen und ihn „umzudrehen“, um ihn in der Westberliner Zentrale des britischen Geheimdienstes platzieren zu können.

Im September 1953 verurteilte ihn das Stadtgericht Berlin zu sieben Jahren Zuchthaus, weil er in einer Studentenzeitschrift einige antikommunistische Artikel veröffentlicht hatte, die angeblich zu einer „Gefährdung des Friedens des deutschen Volkes und der Welt“ geführt hätten. Die Strafe musste Zahn in den Zuchthäusern Berlin-Rummelsburg, Brandenburg-Görden und Bautzen sowie im geheimen Haftarbeitslager X der Staatssicherheit im Sperrgebiet in Berlin-Hohenschönhausen vollständig absitzen. Nach seiner Entlassung setzte Zahn sein Psychologiestudium an der FU Berlin fort und verfasste Aufsätze und Bücher über seine Hafterfahrungen und hielt Vorträge darüber.

Zahn gehörte nach dem Sturz des SED-Regimes zu den Mitbegründern der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und war dort Beiratsmitglied. Er arbeitete von 2001 bis 2010 als Zeitzeuge in der Besucherbetreuung, führte Besuchergruppen durch die vormalige zentrale Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit und setzte sich in den Gremien der Stiftung für den weiteren Ausbau der Gedenkstätte ein.

Hans-Eberhard Zahn verstarb am 29. August 2013 in Berlin-Steglitz.