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Reinhard Fuhrmann

Reinhard Fuhrmann

Reinhard Fuhrmann wurde 1948 in Berlin geboren. 1968 nahm er ein Philosophie- und Geschichtsstudium an der Universität Jena auf, wo er sich bald einer Gruppe oppositioneller Studenten anschloss. Die Gruppe verfasste eine kritische Schrift über den Sozialismus in der DDR, vervielfältigte sie und verteilte sie an Gleichgesinnte an anderen Universitäten. 1970 legte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gegen die Gruppe einen so genannten Operativen Vorgang (OV) an.

Im Juli 1971 wurde Reinhard Fuhrmann – mitten in seinem Staatsexamen – exmatrikuliert und auf Lebenszeit für sämtliche Hoch- und Fachschulen der DDR gesperrt. Im Juli 1972 versuchte der 24-jährige daraufhin, mit einem Freund über Bulgarien zu flüchten. Der Fluchtversuch scheiterte, beide wurden verhaftet und in die Untersuchungshaftanstalt des MfS in Gera gebracht. Die dortige Bezirksverwaltung war für die Universität Jena zuständig und hatte den Operativen Vorgang gegen die Studentengruppe geführt. Fuhrmann und sein Freund wurden deshalb nicht nur zu ihrem Fluchtversuch verhört, sondern auch mit dem Ziel, weitere "operativ interessante Informationen" zu erlangen – beim Staatssicherheitsdienst ein übliches Verfahren.

Im Dezember 1972 wurde Fuhrmann wegen "ungesetzlichen Grenzübertritts" zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt und in das Arbeitslager X des MfS in Berlin-Hohenschönhausen eingewiesen. Im Juli 1973 verlegte man ihn in das Abschiebegefängnis in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz). Von dort wurde er im Rahmen des Häftlingsfreikaufs durch die Bundesrepublik in das Notaufnahmelager in Gießen entlassen. Nach seiner Ausreise in den Westen arbeitete Reinhard Fuhrmann als freier Mitarbeiter für Verlage, ein Museum sowie als Stadtführer in Berlin. In West-Berlin wurde er vom MfS weiter überwacht. Seit 2002 ist er als Besucherreferent in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen tätig.