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Manfred Matthies
Gedenkstein im Rosenhof

In Memoriam

Manfred Matthies

In Memoriam

Am 19. Juni 2025 verstarb Manfred Matthies – Fluchthelfer, politischer Häftling, Zeitzeuge und langjähriger Referent an der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen.

Mit großem Respekt und tiefer Dankbarkeit nehmen wir Abschied von einem Menschen, der sich über Jahrzehnte hinweg mit unermüdlichem Engagement für Freiheit, Gerechtigkeit und die Aufarbeitung der SED-Diktatur eingesetzt hat.

Geboren in Magdeburg, flohen er und seine Familie 1959 aus der DDR nach West-Berlin. Dort begann er ein Studium als Formgestalter an der Meisterschule für Kunsthandwerk. Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 schloss er sich einer studentischen Fluchthelfergruppe an. Mithilfe gefälschter Ausweispapiere, Tunnelbauten, eines Fluchtwegs durch einen Abwasserkanal sowie aufwendig präparierter Fahrzeuge verhalf er gemeinsam mit seinen Mitstreitern rund 80 Menschen, zumeist Freunde und Bekannte, zur Flucht in den Westen.
Im Dezember 1972 wurde er bei einer Fluchthilfeaktion verhaftet und verbrachte neun Monate in Untersuchungshaft im zentralen Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen. Nach strenger Isolationshaft – ohne Bücher, ohne Matratze, ohne Besuch, mit nur halber Verpflegung - verurteilt ihn das Stadtgericht Berlin im August 1973 wegen „staatsfeindlichen Menschenhandels“, „Spionage“ und „Terror“ zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren.

Nach drei Jahren und drei Monaten politischer Haft kauft ihn die Bundesrepublik im März 1976 frei. Manfred Matthies kehrt nach Westberlin zurück, doch die Zeit im Gefängnis hinterließ tiefe seelische Wunden – und dennoch entschloss er sich später, seine Geschichte öffentlich zu erzählen. 

Ab den 1990er-Jahren war er als Zeitzeuge aktiv und setzte sich mit großem persönlichen Einsatz für die Bildungs- und Erinnerungsarbeit in den Gedenkstätten Berlin-Hohenschönhausen und Bautzen ein. Noch bis 2022 war er regelmäßig als Referent und Zeitzeuge in der Gedenkstätte tätig und führte eine große Zahl von Besucherinnen und Besuchern durch das ehemalige Untersuchungsgefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit. Mit Authentizität, Ernsthaftigkeit und zugleich großer Menschlichkeit gab er den Betroffenen der SED-Repression eine Stimme und machte deren Schicksale erfahrbar.

Seine Bereitschaft, trotz eigener leidvoller Erfahrungen in den ehemaligen Haftstätten als Zeitzeuge aufzutreten, verdient unseren tiefsten Respekt. Seine Führungen und Gespräche hinterließen bleibenden Eindruck bei allen Teilnehmenden, insbesondere den Jugendlichen.

Manfred Matthies war ein Mensch mit Haltung, mit Mut zur Wahrheit, mit dem festen Glauben an die Kraft der Aufklärung. Wir verlieren mit ihm nicht nur einen Zeitzeugen, sondern auch einen geschätzten Kollegen und Freund, der die Arbeit unserer Gedenkstätte über viele Jahre geprägt hat.

Unser Mitgefühl gilt seiner Familie, seinen Freundinnen und Freunden und allen, die ihn kannten und schätzten.