25.4.2022 |
Trauer um Manfred Wilke

Manfred Wilke
Manfred Wilke verstarb am 22. April 2022 im Alter von 81 Jahren. Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen ist Professor Manfred Wilke zu großem Dank verpflichtet und wird sein Andenken auch über seinen Tod hinaus würdigen und ehren.

Manfred Wilke verstarb am 22. April 2022 im Alter von 81 Jahren. Von der Geschichte der Gewerkschaften kommend, wurde der Soziologe und Zeithistoriker einer der profiliertesten Forscher im Bereich der Kommunismusforschung und der DDR-Herrschaftsgeschichte. In seinem Ansatz waren diese Themen jedoch immer in einen zumindest europäischen Kontext eingebettet.

Sein besonderes Augenmerk war stets auf den Widerstand und seine Träger in den sozialistischen Staaten gerichtet. Hier beschränkte er sich nicht auf die Analyse, sondern ergänzte sie durch sein sehr lebhaftes Engagement. Wilke war einer der frühen und energischen Unterstützer der osteuropäischen Dissidenten. 1976 gründete er in West-Berlin, gemeinsam u.a. mit Hannes Schwenger und Otto Schily, das Schutzkomitee Freiheit und Sozialismus.  Anlass war die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR. Mit dieser Gründung schwamm er entgegen dem Mainstream des eher linken und gewerkschaftlichen Milieus, in dem Wilke fest verankert war. Im Schutzkomitee setzte sich Wilke für ostdeutsche Künstler ein, die verhaftet worden waren und deren Freilassung auf den unterschiedlichsten Wegen befördert wurde. Gerade der Einsatz für Menschen wie Jürgen Fuchs, die in Hohenschönhausen inhaftiert waren, war für die Opposition der DDR in doppelter Hinsicht wichtig, weil sie zum einen sah, dass sie nicht alleingelassen wurde. Zum anderen wurde die Unterdrückung der Opposition auf diese Weise aber auch in der Bundesrepublik zum Thema. Gerade diejenigen fanden hier nun eine verstärkte Resonanz, die das SED-Regime  mundtot machen wollte. 1982 gehörte er neben Robert Havemann und Rainer Eppelmann zu den Initiatoren des „Berliner Appells“.

Seit 1985 Professor an der Freien Universität Berlin, setzte Wilke sich nach dem Mauerfall intensiv für eine schonungslose und nachhaltige Aufarbeitung der DDR-Geschichte ein. Als Mitbegründer des "Forschungsverbunds SED-Staat" an der FU, den er von 1996 bis 2006 leitete, setzte er hier wissenschaftliche Maßstäbe. Daneben spielte er aber im Bereich der Wissenschafts- und Gedenkpolitik eine herausragende Rolle, hier besonders in der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur“ und im Beirat des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen.

Der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen war er von Beginn an eng verbunden. Als die Diskussion um die Errichtung einer Gedenkstätte gerade begann, beauftragte der Berliner Senat Manfred Wilke mit Siegfried Suckut und Stefan Wolle damit, ein Gutachten zu ihrer Ausgestaltung zu erarbeiten. Dieses Gutachten, in engem Austausch mit den Opfern und Opferverbänden erarbeitet und im Januar 1995 übergeben, bestimmt die Gestalt der Gedenkstätte bis heute nachhaltig. Von der Gründung der Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen im Jahr 2000 gehörte er bis 2016 ihrem Beirat an und begleitete so fachkundig und mit klarer Haltung ihre Arbeit. Sein Rat war auch danach stets gesucht, bis zuletzt setzte er sich für eine erfolgreiche Arbeit der Stiftung ein – und ließ sich einbinden: Zum erst jüngst erschienenen Jubiläumsband „Vom Mielke-Gefängnis zur Gedenkstätte“ steuerte er einen Beitrag über die Gründungsgeschichte der Stiftung bei.

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen ist Professor Manfred Wilke zu großem Dank verpflichtet und wird sein Andenken auch über seinen Tod hinaus würdigen und ehren.

Foto: © Bundesstiftung Aufarbeitung