9.11.2020 |
31 Jahre Mauerfall – ein ehemals politisch Inhaftierter erinnert sich

Dalben1
Im Sommer 1989 wurde Manfred Haferburg (Jahrgang 1948) bei seinem Versuch, aus der DDR zu flüchten, in der ČSSR verhaftet. Man brachte ihn in die MfS-Untersuchungshaftanstalt nach Berlin-Hohenschönhausen.

In desolatem gesundheitlichen Zustand kam Haferburg ins Haftkrankenhaus und wurde von Stasi-Offizieren immer wieder verhört. Von der Umbruchsstimmung, die im Herbst in der ganzen DDR zu spüren war, bekam er wenig mit. Einige Tage vor dem Mauerfall entsorgte die Stasi Manfred Haferburg auf eine Art und Weise, die an Klassiker des Spionage-Films erinnert: Mit verbundenen Augen setzte man ihn in ein Auto, fuhr ihn durch Berlin, um ihn dann auf offener Straße aus dem Fahrzeug zu werfen. Haferburg befand sich nicht, wie erhofft, im Westen der Stadt, sondern in Berlin-Köpenick. Einige Tage später durfte er in die Bundesrepublik ausreisen. Am 9. November 1989, als die Mauer fiel, saß Manfred Haferburg in Bad Honnef vor dem Fernseher. Über seine damalige Gefühlslage sagt er: “Meine Frau schaltete unseren kleinen geschenkten Fernseher aus, weil ich bei den Bildern der auf der Mauer feiernden Ostdeutschen am ganzen Körper zitterte und ganz rote Augen bekam. Ich war überwältigt. Es dauerte Wochen, bis ich langsam begriff, dass mein Weg durch die Gefängnisse des sozialistischen Lagers doch nicht ganz umsonst war. Herrschende geben ihre Macht nicht freiwillig her. Wenn alle nur ängstlich auf ein Wunder warten, kommt es nie. Ohne die Vielen, die wie ich gelitten haben, hätte die Mauer vielleicht noch Jahre gestanden“.

 

Foto: Privatarchiv Manfred Haferburg

Das Foto zeigt Manfred Haferburg (rechts mit Gitarre) und Freunde bei den von ihnen organisierten „Dalbenfestspielen“ auf Rügen in den 1980er Jahren. Bei den in mehreren Jahren organisierten Feiern wurde ein Kulturprogramm „Was nicht in euren Liederbüchern steht“ mit staatskritischen Liedern aufgeführt. Die Stasi hörte immer mit. Manfred Haferburg hat diese und andere Geschichten in dem packenden Tatsachen-Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann verarbeitet.